Neues vom Bremerhavener Magistrat und dem QPB.

In den letzten Tagen hat ein [sonderbarer] Beschluss des Bremerhavener Magistrats einige Medienresonanz erzeugt. Vermutlich schon im Dezember hatte der Magistrat festgelegt, dass in der Verwaltung von Bremerhaven (=im Magistrat) keine Sonderzeichen in Worten mehr verwendet werden dürften. Es ging ums Ent/Gendern. Anlass war, dass die Regierungskoalition aus SPD, CDU und FDP in der Stadtverordnetenversammlung (=Äquivalent zum Stadtrat in anderen Städten) sich neuerdings weigerte, sich mit Dokumenten zu befassen, in denen zum Beispiel mit …*innen ent/gendert wurde. Darüber hinaus ordnete der Magistrat an, dass die Anrede Herr oder Frau entsprechend der Einschätzung(!) anhand des Vornamens zu verwenden sei.

Die örtliche Presse machte sich über das neuentdeckte Rechtschreib-Faible der SPD lustig, deren Pressemitteilungen offenbar nicht dem im Beschluss erklärten Anspruch an eine „korrekte Rechtschreibung“ genügen. Auch das ist am Thema vorbei und gefällt sich im scharmützel der Nicht-Betroffenen. Der Beschluss war/ist eine typische Form von staatlicher Fremdbestimmung und diskriminiert und entwürdigt durch sich selbstgeschaffene pseudo-sachliche Regelungen trans*, inter* und nicht-binäre/agender Personen in Bremerhaven. Das Winken mit Regenbogenflaggen beim CSD von Parteivertreter*innen und warme Worte zur einen oder anderen Gelegenheit sind wieder einmal Makulatur geworden. Wie es queeren Menschen in Bremerhaven und insgesamt im Land Bremen geht und wie der Landesaktionsplan in unter anderem der Verwaltung umgesetzt wird, dazu informiert sich Bremerhavens Magistrat seit gut zwei Jahren im Queerpolitischen Beirat. Der Aktionsplan ist von 2015.

Mit der erfolgten Rücknahme des Beschlusses nach dem Presse-Echo (Liste unten) fordert die Bremerhaven-Koalition in der SPD-Pressmitteilung plötzlich eine gesetzliche Regelung. Denn die Anfang 2021 vom Bremer Senat (=Landesregierung) herausgegebene Empfehlung zu geschlechtergerechter Sprache sei ihnen nicht verbindlich genug und auch ihr eigener Weg der Beschlussfassung entfällt plötzlich. (Sie könnten ja die Empfehlung mittels Beschluss oder Verwaltungsvorschrift für Bremerhaven verbindlich machen und damit ein Vorbild für das Land Bremen sein…)

Wie viele Aufgaben und Maßnahmen bleiben liegen, während im politischen Raum in Bremen und Bremerhaven die vor allem von rechtskonservativen Akteurin_nen in den letzten Jahren in die Medien gepushte „Rechtschreib-Diktatur“ verhandelt wird? Es steht wirklich Wichtiges an, das das Leben queerer Menschen hier vor Ort betrifft. Sei es in der Gewaltprävention, Alten- und Krankenpflege, in der Jugend- und Familienhilfe, bei der Gesundheitsversorgung, für Regenbogenfamilien und migrantische Queers, im Schulunterricht, bei der Qualifizierung der Lehrkräfte, im Sport, bei der Förderung der soziokulturellen Begegnungsorte, die in der Corona-Pandemie aus dem öffentlichen Bewusstsein gerieten undundund. Die meisten Themen stehen im Landesaktionsplan.

Ist jetzt nach den jahrenlang wiederkehrenden Debatten um die Regenbogenflagge an öffentlichen Gebäuden zum IDAHOBIT und-oder zum CSD „Gendern“ das neuste Thema, mit dem parlamentarisches Arbeiten zu queeren Themen in den simuliert wird? Geschlechtergerechte und inklusive Sprache ist keine Raketenwissenschaft, auch wenn es ungeübten Abgeordneten (m/m/w) so vorkommen mag.


Der Queerpolitische Beirat tagt derweil fleißig einmal im Quartal und auch die Zuständigkeit für LSBTI im Ressort Soziales ist inzwischen mit Greta Riemann besetzt. Da war im Juni 2021 noch eine Leerstelle. Der Aufgabenzuschnitt ist nicht ersichtlich, vage klingelt im Gedächtnis, es könnte um die Koordination der Umsetzung des Landesaktionsplans gegangen sein (Koalitionsvertrag 2019). Die Beiratssitzungen zu organisieren und die Protokolle ins Netz zu stellen, füllt jedenfalls noch keine Planstelle aus. Eventuell ist auch die Nachfolge für den in den verdienten Ruhestand gegangenen Verwalter der Fördermittel in dieser Stelle aufgegangen? Es ist den Webseiten nicht zu entnehmen.

Der Queerpolitische Beirat tagt 2022 weiterhin öffentlich und vorbehaltlich der Coronalage und etwaiger Änderungen sind dies die Termine:

  • Freitag, 25. März, 14:00 – 16:30 Uhr Schwerpunkt: Migration
  • Donnerstag, 23. Juni, 16:30 – 19:00 Uhr Schwerpunkt: Kultur
  • Freitag, 16. September, 14:00 – 16:30 Uhr Schwerpunkt: Inneres
  • Donnerstag, 24. November 16:30 – 19:00 Uhr Schwerpunkt: Sport, Familie und Pflege

Das Anmeldeverfahren und ob online oder in Präsenz wird der Tagesordnung, die einige Tage im voraus online ist, zu entnehmen sein.

Aktuell listet das Transparenzportal des Landes Bremen 16 Dokumente zum QPB auf, das sind die Tagesordnungen und Protokolle der Sitzungen, sowie die allgemeinem Dokumente, die auch auf der Webseite des Ressorts gelistet sind. Das Protokoll vom 25.11.2021 steht noch aus.

Laut Beschluss des Bremischen Brügerschaft bei der Einrichtung des Queerpolitischen Beirats Ende 2019 soll der QPB der Bürgerschaft alle zwei Jahre Bericht erstatten. Das ist also in diesem Frühjahr – ausgehend von der Konstituierung im Frühjahr 2020 – theoretisch dran.

Wie läuft’s beim Beirat und dem Landesaktionsplan?

Der queerpolitische Beirat Bremen ist seit dem 21. Februar 2020 aktiv. Auf der dazugehörigen Webseite der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport stehen die Termine für 2021:

  • Donnerstag, 17. Juni 16:30 bis 19:00
  • Freitag, 24. September 14:00 bis 16:30
  • Donnerstag, 18. November 16:30 bis 19:00

Die Beiratssitzungen sind öffentlich (Anmeldung erforderlich), ggf. corona-bedingt als Videokonferenz und es gibt neben der Geschäftsordnung auch die Protokolle der bisherigen Sitzungen als PDF.

Aufgabe des Beirats ist die inhaltliche Umsetzung des Aktionsplans gegen Homo-, Trans*- und Interphobie des Landes Bremens. Für dies Aufgabe sowie für weitere queerpolitische Vorhaben fungiert er als beratende und unterstützende Instanz und kann darüber hinaus auch Empfehlungen aussprechen.

von der Webseite des queerpolitischen Beirats

Aktuell sind die beiden Sprecher*innen des Beirats Maike-Sophie Mittelstädt (Trans*Recht e.V) und Kai Wargalla (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen).


Außerdem auf einer anderen Webseite des Ressorts Soziales: Die Übersicht „Politik für LSBTIQ*-Personen„, die die bundespolitischen Forderungen/Ziele des Lands Bremen, die Förderung des Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben e.V. und den queerpolitischen Beirat kurz erklärt. Dazu gibt es einen längeren Textabschnitt zum Landesaktionsplan 2015 und zum Zwischenbericht 2017/18.

Beim Ressort Soziales stehen verschiedene Publikationen zum Download bereit, die in den ersten 6 Jahren Landesaktionsplan entstanden sind:

Eine Übersicht zu den Prioritäten und Zeitschienen des Aktionsplans und den bisher beteiligten Institutionen und Trägerschaften scheint nicht veröffentlicht. Im Zwischenbericht 2017/18 finden sich durchgeführte Maßnahmen (häufig einzelne Veranstaltungen) und vertagte Maßnahmen (i.d.R. Studien und längerfristig zu realisierende Maßnahmen).

Wie es seit 2017 weitergegangen ist und welche Projekte oder auch Maßnahmen in den Ressorts und der Verwaltung (sowohl Land als auch in beiden Kommunen) derzeit laufen, wurde – soweit zu ermitteln war – bislang nicht veröffentlicht. Daran hat auch die Einrichtung und Arbeit des Beirats und der (mündlich überlieferte) Arbeitsbeginn der verantwortlichen Person für die queerpolitische Koordination im ersten Quartal 2021 bislang nichts geändert. Das Referat 21, zu dem der Arbeitsbereich LSBTIQ* gehört, führt keine Ansprechperson/Verantwortlichkeit auf.

Informationen für Institutionen und Trägervereine zur inhaltlichen Beratung sowie Förderung queerer Projekte und Landesaktionsplan-bezogener Maßnahmen sind nicht zu recherchieren. Der Suchbegriff „Förderrichtlinie“ hilft auch nicht weiter (fünf nicht-relevante Suchergebnisse).


Hinweis: Das Beitragsbild ist ein kostenfreies Foto aus der Pexels-Sammlung und stellt keine in Bremen und/oder im Beirat aktiven Personen dar.

Pressemitteilung zum offenen Brief vom 13.02.2020

PRESSEMITTEILUNG | 13. Februar 2020



Offener Brief an Sozialsenatorin Stahmann: „Queerpolitischer Beirat ist nur mit einer entsprechenden Haushaltsplanung sinnvoll.“

Im September 2019 beschlossen alle Fraktionen in der Bremischen Bürgerschaft die Einberufung eines queerpolitischen Beirats, der zur Umsetzung des 2015 verabschiedeten Landesaktionsplans gegen Homo-, Trans- und Interfeindlichkeit beraten und berichten wird. Dessen erste Sitzung wird am 21. Februar stattfinden, in den Beirat berufen sind auch acht Vereine und Gruppen, um ihre jeweilige Expertise in den Beirat einzubringen.

Angesichts der noch bis Dienstag, den 18. Februar, laufenden Haushaltsplanung der Ressorts und der Herausforderung, viele verschiedene Bedarfe und Maßnahmen für das Land Bremen aus weiterhin begrenzten Finanzmitteln zu realisieren, wenden sich nun zahlreiche Beiratsmitglieder und weitere Gruppen und Vereine, sowie queerpolitisch aktive Einzelpersonen in einem offenen Brief an Sozialsenatorin Anja Stahmann und die fünf Bürgerschaftsfraktionen. Darin begrüßen Sie die Absichtserklärung im Koalitionsvertrag, für die verstärkte Umsetzung des Landesaktionsplans eine Koordinierungsstelle im Sozialressort einzurichten. Auch das Einberufen des queerpolitischen Beirats wird als Zeichen ernsthafter Absichten gewertet. Da die Ressourcen in den Vereinen und Gruppen knapp sind – auch wegen der weiterhin nicht ausreichenden Finanzierung der Projekte und der wenigen hauptamtlichen Stellen – fordern die Unterzeichnenden, dass entsprechende Haushaltsmittel für die Koordinierungsstelle und für Maßnahmen des Landesaktionsplans in den Doppelhaushalt 2020/21 eingestellt werden.

So heißt es in dem Brief: „[Wir sehen] die Gefahr, dass der Beirat eine queerpolitische Aktivität nur formal darstellt, aber eine verstärkte Umsetzung konkreter Maßnahmen möglicherweise gar nicht realisiert wird. Dann gäbe es auch nichts zu beraten, denn auf dem bisherigen Niveau und ohne Start in ein koordiniertes, geplantes und vor allem priorisiertes Vorgehen könnte ein Beirat in der vorgesehenen Größenordnung weder Feedback geben, noch Empfehlungen aussprechen.“

Die Unterzeichnenden weisen darauf hin, dass in der haushaltslosen Zeit seit der Bürgerschafts­wahl im Mai 2019 auch kein Fortschreiben der bisherigen Haushaltsmittel erfolgte, so dass seit dem Jahreswechsel die Koordinierungsstelle für die Schulaufklärungsarbeit, ein Projekt das vom Rat&Tat-Zentrum durchgeführt wird, nicht mehr besetzt ist. Auch der psychosoziale Trans*be­ra­tung des Vereins Trans*Recht | Solinetz Bremen und umzu droht im Sommer das Aus. Der Beratungs­bedarf von trans* und nicht-binären Personen, insbesondere Jugendlichen und jungen Erwachsenen, ist zuletzt deutlich gestiegen.

Die LSBTIQ*-Fachleute beschreiben in ihrem offenen Brief die ersten Jahre des Landesaktions­plans so: „Seit der Verabschiedung des Landesaktionsplans 2015 waren queere Menschen in Bremen angesichts der angespannten Haushaltslage geduldig und genügsam, auch auf Kosten ihrer Gesundheit, und haben die übersichtlichen Umsetzungen des Landesaktionsplans entsprechend eingeordnet.“

Nun haben die unterzeichnenden Beiratsmitglieder, Vereine und Gruppen Sorge, dass sie trotz ihrer kooperativen Mitwirkung in den Vorjahren bei den Entscheidungen der neuen Landesregierung weiterhin außen vor bleiben.

Im  offenen Brief machen die Unterzeichnenden deutlich, dass die knappen Ressourcen der Bremischen Vereine nur dann sinnvoll in den Beirat investiert sind, wenn es wirklich auch um Umsetzungen weiterer Maßnahmen geht: „Sollten in der Haushaltsplanung 2020/21 weder Mittel für weitere Maßnahmen der Umsetzung, noch die senats-interne Koordinierungsstelle eingestellt werden, wäre der Sinn eines beratenden Beirats in Frage zu stellen.“

Reiner Neumann, langjähriges Vorstandsmitglied im Rat&Tat, sagt es so: „Das Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben e.V. steht in einer guten Kooperation mit Behörde und Verwaltung. Dafür ist der Landesaktionsplan ein guter Beleg. Wir suchen gern weiterhin den Dialog, um zu klären, wie die formulierten queerpolitischen Ziele des Koalitionsvertrags und die Umsetzung des Landes­aktions­plans fortgeführt werden. Wir teilen die Sorge, dass eine nachhaltige Umsetzung des Landesaktionsplans an mangelnden finanziellen Ressourcen scheitern könnte.“

Zeit für eine Lobbyarbeit, wie sie viele soziale und kulturelle Akteur_innen in Bremen seit dem Spätsommer machen, kann sich die queere Community nicht leisten: „Die queeren Vereine und Gruppen investieren nahezu all ihre Energie in die konkrete Arbeit. Diese Arbeit ist wichtig für lesbische, schwule, bi-, pan- oder asexuelle Menschen und lebensnotwendig für trans*, inter und nicht-binäre Personen. Erst recht, wenn mehrere Marginalisierungen zusammenkommen, wie für queere Geflüchtete, queere People of Color oder queere Menschen mit Behinderung. Jahre und Jahrzehnte lang hat die öffentliche Hand ihre soziale und gesellschaftspolitische Verantwortung nicht wahr­genommen und die Arbeit dem Ehrenamt mehrerer Generationen überlassen. Das müssen wir in aller Deutlichkeit einmal festhalten. Erst nach der Jahrtausend­wende haben sich viele Berührungs­ängste und Stigmata endlich deutlich abgebaut“, sagt Freddy Wenner, verantwortlich für die Arbeitstreffen im Vorfeld des queerpolitischen Beirats.

Der offene Brief ist adressiert an die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport und die fünf Fraktionen in der Bremischen Bürgerschaft.


Hintergrund: Landesaktionsplan

Der Landesaktionsplan gegen Homo-, Trans- und Interfeindlichkeit wurde 2014 vom Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben e.V. im Auftrag der Sozialsenatorin erarbeitet. Die darin beschriebenen exemplarischen Maßnahmen lassen sich vier Handlungsfeldern zuordnen:

1. Lebensphasen (Kinder, Jugend und Familie, Schule, Arbeitswelt, Alter und Pflege)
2. Vielfalt der Lebenshintergründe (Migration, Behinderung, Trans- und Intergeschlechtlichkeit)
3. Lebenswelten (Kultur, Sport und Tourismus)
4. Antidiskriminierung


Offener Brief „Queerpolitischer Beirat ist nur mit einer entsprechenden Haushaltsplanung sinnvoll.“

An die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport, Anja Stahmann,
und an die Fraktionen in der Bremischen Bürgerschaft

Bremen, 13. Februar 2020

Queerpolitischer Beirat ist nur mit einer entsprechenden Haushaltsplanung sinnvoll

Geschätzte Senatorin Anja Stahmann,
geehrte Fraktionsvorsitzende und -mitglieder,

die Einrichtung eines beratenden und berichtenden Beirats zur Umsetzung des 2015 verabschiedeten Landesaktionsplans gegen Homo-, Trans- und Interfeindlichkeit, wird von queeren Menschen in Bremen grundsätzlich als wichtiger Schritt begrüßt. Dies haben rund 35-40 Personen auf zwei Gesprächs- und Arbeitstreffen zum zukünftigen Beirat bestätigt. Darunter auch Vertreter_innen von in den Beirat berufenen Vereine und Gruppen. Die fachliche Expertise queerer Träger_innen und Fachleute ist angesichts der Bandbreite der Handlungsfelder unabdingbar fürs Fortschreiben und sinnhafte Prioritätensetzung.

Kritisch gesehen wird allerdings die Gefahr, dass der Beirat eine queerpolitische Aktivität nur formal darstellt, aber eine verstärkte Umsetzung konkreter Maßnahmen möglicherweise gar nicht realisiert wird. Dann gäbe es auch nichts zu beraten, denn auf dem bisherigen Niveau und ohne Start in ein koordiniertes, geplantes und vor allem priorisiertes Vorgehen könnte ein Beirat in der vorgesehenen Größenordnung weder Feedback geben, noch Empfehlungen aussprechen.

Die bisherige Umsetzung, über die der Rat&Tat e.V. in der Sozialdeputation vor zwei Jahren im Auftrag des Sozialressorts Bericht erstattete, beschränkte sich bisher auf punktuelle Maßnahmen, die meistens ohne Aufwand und Mitwirkung seitens der Ressorts zu realisieren waren und auf etwas Professionalisierungs-Anschub für queere Trägervereine. Seit der Verabschiedung des Landesaktionsplans 2015 waren queere Menschen in Bremen angesichts der angespannten Haushaltslage geduldig und genügsam, auch auf Kosten ihrer Gesundheit, und haben die übersichtlichen Umsetzungen des Landesaktionsplans entsprechend eingeordnet.

Mit dem Koalitionsvertrag und Beiratsbeschluss haben die neue Regierungskoalition und die Bürgerschaft die in sie gesetzten Erwartungen bislang erfüllt. Gleichzeitig mussten wir feststellen, dass laufende Projekte der Grundversorgung mangels entsprechender Finanzmittel unter­brochen werden mussten, wie die Koordinierungsstelle für die Schulaufklärungsarbeit im Rat&Tat-Zentrum. Oder es droht die Unterbrechung im Sommer, wie bei der psychosozialen Trans*beratung von Trans*Recht. Ihre Finanzierung wurde trotz Überlastungsanzeige im Sommer 2019 bislang nicht an den gestiegenen Bedarf angepasst – Sie alle kennen die Fälle sicherlich.

Die Mitwirkung der queeren Expert_innen im Beirat bindet Ressourcen, die in den Vereinen und Gruppen dringend benötigt werden. Die queeren Strukturen sind allesamt hochgradig aus- und überlastet und zum Teil seit Jahrzehnten auf Ehrenamtsenergie laufend, weil die Verantwortlich­keit der öffentlichen Hand durch die dortige Präsenz der gesamtgesellschaftlich vorhandenen Berührungsängste, Vorurteile und/oder Nichtwissen bis heute kaum getragen wird. Landes­aktions­plan, Koalitionsvertrag und Beiratsbeschluss künden schon eine kleine Weile von einem Ende solcher Marginalisierungen durch die parlamentarische und die regierende Arbeit.

Darum möchten wir hiermit unmissverständlich klar machen:

Sollten in der Haushaltsplanung 2020/21 weder Mittel für weitere Maßnahmen der Umsetzung, noch die senats-interne Koordinierungsstelle oder die Beiratsarbeit selbst eingestellt werden, wäre der Sinn eines beratenden Beirats aus Sicht der Teilnehmenden an den Vorbereitungs­abenden und der Unterzeichnenden in Frage zu stellen.

Für die Arbeit des Beirats haben die Teilnehmenden der Vorbereitungsabende außerdem klare Erwartungen insbesondere an die nicht-queeren Beiratsmitglieder:

  • Die Beiratsarbeit soll diskriminierungsfrei und machtkritisch ablaufen und so bereits eine beispielhafte Form der Umsetzung bzw. Zielerreichung des Landesaktionsplan sein. Entsprechende Moderation und/oder Sensibilisierungen sind unabdingbar, um einer gesundheitlichen Belastung gerade der mehrfach-marginalisierten queeren Teilnehmenden vorzubeugen. Stichwort: Minoritätenstress und seine mittel- und langfristigen Folgen.
  • Die Beiratsarbeit darf nicht zu Lasten der ohnehin unterfinanzierten und überlasteten Vereine und Gruppen in Bremen und Bremerhaven gehen. Fahrtkosten, Sitzungspauschalen sollen bitte geprüft werden und die Tagesordnungen und Termine mit ausreichendem Vorlauf feststehen, um eine ehrenamtstaugliche Vorbereitung zu gewährleisten.
  • Die Beiratsarbeit soll strukturelle Ungleichgewichtungen innerhalb der queeren Interessengruppen und für Mehrfach-Marginalisierte auf keinen Fall verstärken (z.B. queere Menschen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen, queere BIPoC) oder besonders vulnerable bzw. lange nicht berücksichtigte Personengruppen (z.B. inter oder nichtbinäre Personen). Auch sind informell / nicht-institutionell organisierte Communities an- oder einzubinden. Der Beirat sollte im besten Fall öffentlich tagen oder zumindest für angemeldete Gäste offen sein und seine Termine, Protokolle und Ergebnisse zeitnah und gut auffindbar veröffentlichen.
  • Die ersten Jahre der nun zu verstärkenden Aktionsplan-Umsetzung und Beiratsarbeit sollten mit entsprechender PR-Arbeit flankiert werden. So sollen relevante Personen im Land Bremen erreicht und auf dem Laufenden gehalten werden. Dies meint sowohl queere Personen, ihre Angehörigen, Menschen im schulischen und beruflichen Umfeld queerer Personen, Verantwortliche in der Gesundheitsversorgung und in der Sozialarbeit, als auch die allgemeine Öffentlichkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Freddy Wenner
verantwortlich für die Vorbereitungstreffen zum queerpolitischen Beirat und obige Zu­sam­men­fassung der Ergebnisse | von 04/2017 bis 03/2019 geschäftsführend mitverantwortlich für die Koordination der „Kampagne für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt* in Niedersachsen“

Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben e.V.

Trans*Recht e.V. | Solinetz Bremen und umzu

belladonna – Kultur, Bildung und Wirtschaft für Frauen e.V.

Regionalgruppe Bremen des Völklinger Kreises e.V.

Olan Scott Pinto, Jugendbildungsstätte LidiceHaus

Franzi Borgböhmer, päd. Leitung vom BDP Mädchen_kulturhaus

Trans*Net Bremen | Ilka-Christin Weiß

Autonomes Feministisches Referat der Universität Bremen

Vorstand Da Capo al Dente – queerer Chor Bremen e.V. | Beate Sagcob

Lesbenchor Die Cantanten

Maike-Sophie Mittelstädt

Freyja Pe* von Rüden (Trans*Beraterin)

Judith Kluthe



30. Januar: Workshop „Beirat & Partizpation“ im M_kh

Beim Gesprächsabend zum Queerpolitischen Beirat im November äußerten Anwesende den Wunsch, tiefer einzusteigen und konkret zu werden. Das ist am 30. Januar, drei Wochen vor der ersten Beiratssitzung nun möglich, Themen können sein:

  • Wie können kooperative, konstruktive Beratungen der berufenen Beiratsmitglieder im Beirat selbst aussehen?
  • Welchen Austausch wünschen sich die Menschen in der Kommunity und die vernetzten Fachleute?
  • Wie unterstützen wir alle das Land Bremen dabei, den Landesaktionsplan sinnvoll umzusetzen, welche Ressourcen haben wir als Kommunity?

Danke ans M_kh für die Möglichkeit, die Räume zu nutzen. Sie sind per Rollstuhl erreichbar, leider sind die Toiletten nicht rolligerecht. Melde Dich, wenn es Sprachbarrieren zu beseitigen gilt.

Der Workshop ist open to all_no_gender. Wir starten wieder mit einem kurzen Input (auch für Neulinge) und arbeiten dann vor allem in kleinen Gruppen, partizipativ und eigenverantwortlich. Beginn ist um 18 Uhr, Ende des gemeinsamen Abends ist spätestens um 21 Uhr.
Wie im November ist dieser Abend ist eine persönliche, unabhängige Initiative.

Ort: M_kh – BDP Mädchen_kulturhaus, Heinrichstr. 21, 28203 Bremen
Haltestellen „Am Dobben“ (Linie 1, 4, 6, 10) oder „Wulwesstraße / Ulrichsplatz“ (Linien 2 und 3)

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